Newsletter Nr. 11

Was ist das Ergebnis der am 30.09.2020 fortgesetzten Allgemeinen Prüfungstagsatzung vor dem Fürstlichen Landgericht?

Am 30.09.2020 fand vor dem Landgericht in Vaduz im Konkursverfahren der Gable Insurance AG i.K. (Gable) der zweite Gerichtstermin (Fortsetzung der Allgemeinen Prüfungstagsatzung vom 12.12.2018) statt. Die Masseverwalterin konnte gegenüber dem Gericht eine Erklärung zur Richtigkeit und Rangordnung von insgesamt 11’588 angemeldeten Forderungen (Schaden- und Prämienrückforderungen) abgeben. Zusammengenommen ergeben sie eine angemeldete Forderungssumme in Höhe von CHF 120.6 Mio., wovon CHF 86.2 Mio. auf (privilegierte) Versicherungsforderungen und CHF 34.4 Mio. auf (nicht-privilegierte) Konkursforderungen entfallen.

Die Masseverwalterin konnte 10’319 Forderungen im Umfang von CHF 51.5 Mio. vollständig anerkennen, wohingegen sie 1’269 Forderungen in Höhe von CHF 69.1 Mio. teilweise oder vollständig bestreiten musste. Von der anerkannten Forderungssumme entfallen CHF 24.5 Mio. auf (privilegierte) Versicherungsforderungen und CHF 27.0 Mio. auf (nicht-privilegierte) Konkursforderungen (Klasse 4).

Das Landgericht hat das Ergebnis der Prüfungstagsatzung im Anmeldungsverzeichnis festgehalten. Die Gläubiger können das Anmeldungsverzeichnis bei der Masseverwalterin beziehen.

Die Masseverwalterin konnte dem Landgericht und den anwesenden Gläubigervertretern hinsichtlich der Aktiven berichten, dass aktuell flüssige Mittel und Anlagen im Wert von rund CHF 89.5 Mio. vorhanden sind. Die Masseverwalterin erwartet weiterhin regelmässige und teilweise grössere Eingänge aus rückversicherten Schadenfällen. Diese Rückversicherungsleistungen bilden den werthaltigsten noch nicht realisierten Vermögenswert.

Der Vollständigkeit halber verweist die Masseverwalterin auf den Newsletter Nr. 6, welcher über die Ergebnisse der Allgemeinen Prüfungstagsatzung vom 12.12.2018 informiert. Sie sind in den oben erwähnten Zahlen nicht enthalten. Damals wurden 165 (nicht-privilegierte) Konkursforderungen im Umfang von CHF 24.2 Mio. behandelt, wovon Forderungen in Höhe von CHF 13.3 Mio. anerkannt und Forderungen in Höhe von CHF 10.9 Mio. bestritten wurden.

Die Masseverwalterin konnte die verbleibenden 1’598 angemeldeten Forderungen bislang noch nicht oder noch nicht abschliessend prüfen. Die Gläubiger dieser Forderungen machen CHF 256.4 Mio. geltend.

Alles in allem wurden damit im Konkursverfahren bislang 13’351 Forderungen im Umfang von CHF 401.2 Mio. angemeldet. Erwähnenswert ist, dass darunter Einzelforderungen von Garantiefonds enthalten sind, die wiederum Hunderte oder Tausende von Einzelforderungen zusammenfassen.

Wie geht es im Konkursverfahren weiter?

Die Allgemeine Prüfungstagsatzung wurde erneut auf vorerst unbestimmte Zeit erstreckt.

In der Zwischenzeit setzt die Masseverwalterin den Prüfungsprozess hinsichtlich der rund 1’600 noch nicht oder noch nicht abschliessend geprüften Forderungen fort. Die Prüfung eines Teils dieser Forderungen konnte bisher nicht abgeschlossen werden, weil beim EFTA-Gerichtshof unter der Geschäftszahl E-5/20 ein neues Vorabentscheidungsersuchen hängig ist (Informationen dazu unter www.eftacourt.int). Dem Vorabentscheidungsverfahren liegt eine Klage von zwei französischen Gläubigern gegen die liechtensteinische Aufsichtsbehörde (FMA) zugrunde. Im Rahmen dieses nationalen Verfahrens richtete der Oberste Gerichtshof Fragen an den EFTA-Gerichtshof zur Auslegung der europäischen Richtlinie 2009/138/EG. Die Masseverwalterin ist weder im nationalen Ausgangsverfahren noch im Vorabentscheidungsverfahren vor dem EFTA-Gerichtshof Partei. Der Ausgang des Verfahrens hat jedoch womöglich Auswirkungen auf die richtige Einordnung der angemeldeten Forderungen, nachdem die grundsätzliche Frage aufgeworfen wurde, ob die Forderungen von geschädigten Dritten (privilegierte) Versicherungsforderungen oder (nicht-privilegierte) Konkursforderungen darstellen. Mit dem Urteil des EFTA-Gerichtshofs ist im Jahr 2021 zu rechnen.

Daneben sind weiterhin rund 4’000 gemeldete Schadenfälle in Bearbeitung. Die Anmeldung einer grösseren Anzahl weiterer Forderungen ist daher zu erwarten.

Wie werden die Gläubiger über das Ergebnis der Allgemeinen Prüfungstagsatzung vom 30.09.2020 informiert?

Das Landgericht verständigt diejenigen Gläubiger, deren Forderungen am 30.09.2020 teilweise oder vollständig bestritten wurden, auf schriftlichem Wege. Sie können binnen 14 Tagen ab Zustellung die Konkursmasse einklagen, sofern sie mit der Bestreitung nicht einverstanden sind. Bei Ausbleiben einer rechtzeitigen Klage werden sie als Gläubiger vom Konkursverfahren ganz bzw. bei teilweiser Bestreitung im Hinblick auf den bestrittenen Forderungsteil ausgeschlossen.

Diejenigen Gläubiger, deren Forderungen am 30.09.2020 anerkannt wurden, werden nicht verständigt. Alle Gläubiger haben jedoch die Möglichkeit, entweder beim Landgericht im Wege der Akteneinsicht Zugang zu den Berichten der Masseverwalterin und zum Anmeldungsverzeichnis zu erhalten oder sich direkt an die Masseverwalterin zu wenden.

Die Masseverwalterin erstattet Anfang 2021 einen nächsten, ausführlichen Bericht zuhanden des Gerichts. Eine Zusammenfassung dieses Berichts wird auf der Webseite veröffentlicht werden.

Mit welcher Konkursdividende können die Gläubiger rechnen und wann wird diese ausbezahlt werden?

Die Höhe der Dividende (Konkursquote) kann auch zum heutigen Zeitpunkt nicht geschätzt werden. Von den insgesamt angemeldeten Forderungen in Höhe von CHF 401.2 Mio. sind Forderungen in Höhe von CHF 256.4 Mio. noch nicht oder noch nicht vollständig geprüft worden. Sowohl die Entscheidung über die Anerkennung oder Bestreitung dieser Forderungen als auch die Einstufung als (privilegierte) Versicherungsforderungen oder (nicht-privilegierte) Konkursforderungen haben wesentlichen Einfluss auf das Verhältnis zwischen vorhandenen Aktiven und anerkannten Passiven.

Mit einer (Teil-) Auszahlung können die Gläubiger bis auf weiteres nicht rechnen. Sie ist frühestens nach Abschluss der Allgemeinen Prüfungstagsatzung denkbar.